Deutschlandpremiere

Tatiana Julien gehört zur aktuellen Generation, die Frankreichs Tanz ein neues Gesicht verleiht, ihn pointiert reflektiert und gesellschaftliche Zusammenhänge philosophisch-kritisch hinterfragt. Ihr Solostück SOULÈVEMENT (Aufstand) widmet sich Geschichte und Gegenwart von Revolte, Aufstand und Widerstand, von Aufbruch und Visionen seit 1968. Was blieb von den Utopien? Welche Diskurse, Ideen, Freiheiten? Wie wird seitdem getanzt? Wovon wird geträumt, und mit wem?

Aufgewachsen ist Julien mit der Musik von Popstar Mylène Farmer. Die lässt sich von Tausenden bejubeln, während sie ihren Superhit GÉNÉRATION DÉSENCHANTÉE singt, die Hymne einer „ernüchterten Generation“: „Alles ist Chaos. Meine Ideale – abgenutzte Worte“. Zu der Live-Aufnahme setzt sich Julien in Szene: kraftvoll, kämpferisch, schlagfertig. Eine Powerfrau, und doch allein. Andere Toneinspielungen, unter anderem von Martin Luther King, dokumentieren die Aufbruchstimmung aus der Zeit der Bürgerrechts- und Studentenbewegungen in Europa und den USA.

Heute kämpfen Aktivist:innen wie die Occupy-Bewegung, doch sie treffen auf eine zunehmend zersplitterte Gesellschaft, in der neue Tanzstile im Internet entstehen. Getragen von solitärem Sturm und Drang, im Zwiespalt zwischen Individualismus und Wunsch nach kollektiver Aktion, legt Julien all ihren Wagemut in Choreografien, die sie dem Online-Spiel Fortnite, dem Hip Hop und dem Krump entlehnt. Und das Publikum? Rätselt mit. Sind wir heute noch eine Gemeinschaft, wenn wir zusammen tanzen oder im Theater ein Stück anschauen?